Berliner Film-Ateliers. Ein kleines Lexikon

BABELSBERG

Neubabelsberg, Stahnsdorfer Str. 99-101

Gegründet: 1912
Glashaus (1912): 300 qm: 15 x 20 m, 9 m
Großes Glashaus (1913): 450 qm, 6 m
Freigelände: 40000 qm
Große Halle (1926): 6888 qm: 56 x 123 m
Nordatelier: 1705 qm, 13 m Bh.
Mittelatelier: 2052 qm: 57 x 36 m, 20 m (13 m Bh.)
Südatelier: 1750 qm, 13 m Bh.
Tonkreuz (1929): N+S: je 600 qm: 20 x 30 m; W+O: je 450 qm: 18 x 25 m
Ufa-Stadt Babelsberg
Nachwuchs-Ateliers: 2 Hallen (1939)


Am 1.8.1898 nimmt im Südwesten Berlins die Fa. Hachenburg ein von ihr errichtetes Fabrikgebäude für die Herstellung künstlicher Blätter, Blumen, Pflanzen und Dekorationsartikel in Betrieb. Im September 1906 mietet ein Kapitän Schreiber das Gebäude und betreibt hier die Viktoria-Kraftfutterwerke. Am 14.10.1911 stellt die Deutsche Bioskop-GmbH, deren Atelier in der Chausseestraße 123 (Bioskop-Atelier) zu klein geworden ist, einen Antrag auf Bauerlaubnis für ein Glashaus als Anbau an das vorhandene Fabrikgebäude, am 3.11.1911 wird die Genehmigung dazu erteilt.

»Rings um dieses Gelände befand sich ein ziemlich weites, völlig freies Feld, so daß die Sonne in der Tat von früh bis spät das Grundstück beschien. Der Zustand des Gebäudes selbst war beinahe baufällig, nur wenige Fensterscheiben und Türen usw. waren vorzufinden, so daß eine völlige Renovation erforderlich wurde. Aber die Umstände, dieses Gebäude für eine Filmfabrikation herzurichten, erschienen außerordentlich günstig. Erstens bot die Staatsbahn eine dreifache und schnelle Verbindung. Weit ringsherum waren keine Wohnhäuser zu finden, so daß selbst bei einem Brande die Umgebung nicht gefährdet werden konnte. Die Lage des Grundstückes, von dem ein Giebel direkt nach Süden zeigte, ließ die Errichtung eines Glasateliers als Verlängerung des Gebäudes ratsam erscheinen, denn es würde dann von früh bis spät immer unter Sonne, d.h. dem günstigsten Licht stehen.« (Guido Seeber: Als Babelsberg entstand. Filmtechnik-Filmkunst, Nr. 3, 1930).

Im Winter 1911/12 errichtet nach Anweisung des technischen Leiters der Bioskop, des Film-Pioniers Guido Seeber, die auf den Bau von Photoateliers spezialisierte charlottenburger Firma H. Ulrich ein ebenerdiges Glashaus von 15 x 20 m Grundfläche. Das alte Gebäude wird für die Filmfabrikation u.a. mit einem Kopierwerk ausgestattet. Am 12.2.1912 wird das Atelier mit der ersten Aufnahme zum Asta Nielsen-Film
DER TOTENTANZ eingeweiht.

1913 wird nach einem Geländeankauf von ca. 6000 qm ein zweiter, in der Grundstruktur - Fabrikationsgebäude mit angebautem Glashaus - gleicher, wenn auch größerer, Atelier-Komplex errichtet.

»Diese 1913 in Betrieb genommene Anlage vermochte auch nicht ganz den Anforderungen zu genügen, da man oft Dekorationen gern im Freien errichtete und zur Vermeidung von Reisen kleinere Freibauten auf einem dazu geeigneten Gelände zwecks späterer Verwendung stehenlassen wollte. Mir gelang es, auf Umwegen ein angrenzendes Grundstück von 40 000 qm zum Preis von 1,50 RM je Quadratmeter für die Gesellschaft zu erwerben und somit Platz zu schaffen, um für eine längere Zeit die Möglichkeit zu haben, größere Aufbauten für Filmzwecke vorzunehmen. Der erste Bau, der auf diesem neu erworbenen Gelände errichtet wurde, war ein Zirkus, von dem man allerdings nur drei Achtel des Umfanges aufbaute. Dieser fast historisch gewordene Zirkus, den man auch an andere Gesellschaften vermietete, hat fast 10 Jahre gestanden und seinen Zweck bestens erfüllt. (...)

Bei dem Errichten einer zweiten Kopieranstalt wurde die Außenfront mit Rücksicht auf die oftmals wiederkehrenden Großaufnahmen vor verschiedenen Baustilen entsprechend gestaltet. Dieses Gebäude stellt also in gewissem Sinne ein Unikum dar, denn ein Frontteil ist romanisch, ein anderer gotisch, ein anderer altdeutsch, Renaissance usw. « (Guido Seeber: Als Babelsberg entstand. Filmtechnik-Filmkunst, Nr. 3, 1930).

Nach weiteren Erweiterungen durch unterirdische Filmlagerkeller (1919, 1922) und einen Fundusschuppen (1919) übernimmt im März 1922 die durch Fusion von Decla (Deutsche Eclair)-Film-GmbH und Deutscher Bioskop AG entstandene Decla-Bioskop die Anlagen, die im Herbst 1924 an die Universum-Film AG (Ufa) übergehen.

Das Filmgelände der Decla-Bioskop bzw. Ufa in Neubabelsberg ist trotz der weiterhin bestehenden Ateliers (
Ufa-Tempelhof) und die nach dem Weltkrieg hinzukommenden großen Hallen (Jofa, Staaken) das Zentrum der deutschen Filmindustrie, wird mit den dort entstandenen Klassikern des Stummfilms zum Synonym für den deutschen Film.

»Zurzeit stehen eine große Anzahl Bauten auf dem Gelände der Decla, wie der düstere Turm des Schweigens aus dem gleichnamigen Film (Regie Dr. Guter) und das Innere des höchsten Turmgemaches, das im Atelier I aufgebaut ist. Aus der
CHRONIK VON GRIESHUUS (Regie v. Gerlach) sind der Burghof mit seiner packenden Romantik und seinem trübe schillernden Burggraben, das einsame, ginsterüberwucherte Heidehaus und die Dorfkirche mit ihrem verfallenen Kirchhof aus dem gleichen Film noch nicht abgebrochen und von weither, schon vom Eingang herüber, grüßt die Mauer aus den NIBELUNGEN, an welcher die Hunnen emporkletterten (Regie: Fritz Lang) und hinter einem Gebüsch guckt noch der (nun tote) Drache hervor ...

Gehen wir weiter, so sehen wir die gigantische, 60 m hoch als Freibau aufgeführte Hinterhausmauer aus dem
LETZTEN MANN (Regie: F. W. Murnau), die mit ihren zahllosen Fenstern und ihrer unendlichen Monotonie die Großstadt verkörpern soll und Jannings eine Folie zu seiner Kunst gegeben hat. Zu demselben Film gehört auch der Großstadtplatz mit seinem Riesenhotel, das in Wirklichkeit nur aus 4 Stockwerken besteht, im Film aber als Wolkenkratzer erscheinen wird. (Fabrikationsgeheimnis!) 60 Autos, richtige und Modelle, sind über die Straßenkreuzung gefahren und bewunderungswürdig ist ihr perspektivischer Aufbau.« (A. Kossowsky: Die Berliner Ateliers. In: Kinotechnische Rundschau, Nr. 20, Film-Kurier, Nr. 227, 25.9.1924).

Trotz aller finanziellen und organisatorischen Krisen, die die mächtige Ufa in den 20er Jahren durchzustehen hat, geht auf dem Ateliergelände die räumliche und technische Expansion weiter. 1926 wird ein neuer Superlativ vorgestellt: »Das größte Filmatelier Europas«, entworfen vom Architekten Carl Stahl Urach.

»Die neue Aufnahmehalle in Eisenkonstruktion, massiv ausgemauert, 123,50 m lang, 56 m breit, 14 m hoch bis zu den Laufstegen, umfaßt mit Nebenräumen etwa 8000 qm bebaute Fläche und 20 000 cbm umbauten Raum, ist mit allen erforderlichen technischen Einrichtungen und Möglichkeiten ausgestattt worden. Aus betrieblichen Gründen ist die große Halle durch verschiebbare, ausgemauerte Wände unterteilt, so daß mehrere Großfilme und eine Anzahl kleinerer Filme zu gleicher Zeit gedreht werden können. (...) Über die Kosten des neuen Ateliers hatten sich schon allerlei legendäre Gerüchte verbreitet. Man staunte, als man hörte, daß der ganze Riesenbau nicht mehr und weniger als 550 000 Mark erfordert hat. (Reichsfilmblatt, Nr. 51, 22.12.1926).

Während die Ufa im Rahmen der Sanierung nach der Übernahme durch den Hugenberg-Konzern auch die geplanten Experimente mit den in Deutschland entwickelten Tonfilm-Verfahren z.B. Lignose-Breusig abgebrochen und sich damit der Chance des technischen Spitzenreiters auf diesem Gebiet begeben hat, reagiert sie nach den Erfolgen der Hollywood-Tonfilme im Jahre 1928 relativ entschlossen.

Da die bestehenden Ateliers durch ihre Konstruktion - Glas und Eisen - für die Tonfilm-Arbeit zunächst unbrauchbar sind und auch ein Umbau zu aufwending erscheint, entschließt man sich zu einem völligen Neubau. Am 25.4.1929 beginnt man die auf dem geplanten Bauplatz stehenden Dekorationsbauten abzureißen, am 25. Juni ist der Rohbau beendet. Am 24.9.1929 wird aus Anlaß einer Pressebesichtigung die Arbeit im vom Architekten Otto Kohtz entworfenen »Ton-Kreuz« aufgenommen.

»Kreuzförmig waren 4 Ateliers von je 2 mit 450 qm und je 2 mit 600 qm Grundfläche um einen Innenhof angeordnet; dort lagen die Tonkameraräume mit fest eingebauten Kerrzellen-Apparaturen. In jedem Atelier war oben an der Stirnseite eine Art verglaster Balkon als Abhörkabine für den Tonmeister, der dort die Szene übersehen konnte. (...) Die Tonfilmaera begann bei der Ufa mit dem ortsfesten Einbau von vier Klangfilm-Kernzellen-Apparaturen. Alle Ateliers waren untereinander mit einem eigens verlegten Kabelnetz verbunden, so daß von jedem Atelier die Schallaufzeichnung auf jede Apparatur gegeben werden konnte. In einer regen technischen Zusammenarbeit mit der Agfa wurden für das Kernzellenverfahren besonders geeignete Rohfilmsorten und ihre photographischen Verarbeitungsbedingungen ermittelt, so daß die Güte der Tonaufzeichnung sehr schnell alle berechtigten Ansprüche befriedigte.« (Richard Schmidt: Die Technik der Ufa. In: Traub: Die Ufa, S. 188-190).

Da jedoch schon bald die Kapazitäten dieser vier Hallen nicht mehr ausreichen, beginnt man die existierenden Ateliers umzugestalten. Das »Große Glashaus« wird in ein massives Ton-Atelier verwandelt, darauf die Nord- und Süd-Ateliers der Großen Halle. Für die Schallisolierung der gewaltigen Mittelhalle muß man sich etwas Neues einfallen lassen.

»Um aber diese Riesenräume dem Tonfilm dienstbar zu machen, entschloß sich die Bauabteilung der Ufa, die Schwierigkeiten dadurch zu lösen, daß in den Riesenraum einfach ein Tonfilm-Atelier hineingebaut wurde, dessen Ausmaße denen der Mutterhalle nur um wenig nachgeben. Die auf diese Weise entstandenen doppelten Wände mit Luftzwischenraum ergeben eine vorzügiche Tonisolierung nicht nur für das auf diese Weise entstandene neue Tonfilm-Riesenatelier, sondern auch für die beiden Hilfs-Tonateliers an der Nord- und Südseite.

Mit Beendigung des Umbaues wird daher die Ufa imstande sein, gleichzeitig in neun Tonfilm-Ateliers zu drehen und außerdem noch mit Hilfe ihres fahrbaren Aufnahmeapparates für die verschiedenen Filme die Außen-Aufnahmen herzustellen.« (Film-Atelier, Nr. 10, 2. März-Nummer 1930)

Damit haben die neubabelsberger Ateliers Anfang der 30er Jahre ein Ausmaß von 42 Gebäuden mit 440 Sonderräumen erreicht, in denen gleichzeitig acht Großproduktionen durchgeführt werden können. Die Anlagen gliedern sich in:

»9 stets betriebsbereite, modernst eingerichtete Tonspielfilmateliers, 16 Maschinenhäuser und Hochspannungsumformerräume, 14 Fundus- und Materialmagazine, 2 Verwaltungsgebäude, 3 Filmkeller, 1 Filmtresor, 5 Vorführungsräume, 1 Atelierkopieranstalt, 1 Tonfilmlaboratorium nebst technischer Tonwerkstätten, 1 Photoatelier, 10 Werkstätten verschiedenster Art, wie Schneiderei, Tischlerei, Schlosserei, Glaserei, Schmiede-, Zimmerer-, Elektro-, Maler-, Dekorations-, Feinmechanik-Werkstatt usw.,in denen unter Leitung eines riesigen Stabes routinierter Ingenieure, Fachleuten aller Art und altbewährten Meistern eine Belegschaft von durchschnittlich 650 Köpfen (Handwerker usw.) beschäftigt wird.« (Film-Kurier, Sondernummer Das europäische Atelier, 15.8.1931).

Mitte der 30er Jahre wird das Gelände, inzwischen Lieblingsspielzeug und Machtmittel nicht nur des Popagandaministers Goebbels, in Ufastadt-Babelsberg, Ufa-Straße 99-103, umbenannt. Als gegen Ende der 30er Jahre wegen steigender Produktionszahlen eine Knappheit an Atelier-Kapazität entsteht, werden noch einmal zwei Hallen errichtet, die vermutlich auch der 1938 begründeten Deutschen Filmakademie zur Verfügung stehen sollen, wonach sie den Namen »Nachwuchs-Ateliers« erhalten.

»Für die Tonaufnahme ist es wichtig, daß die Hallen mit einem schallschluckenden Belag ausgekleidet sind, während die alten Ateliers noch eine harte Steinoberfläche hatten. (...) In konsequenter Ausnutzung der technischen Möglichkeiten, die das Panlicht bot, stellte die Ufa bei den 1939 fertiggestellten beiden Ateliers in Babelsberg eine neuartige Schaltanlage für die Atelierbeleuchtung auf, bei der die in der Dekoration angeordneten Lampen von einem in der Szene stehenden Bedienungspult aus zentral gesteuert werden können.« (Richard Schmidt: Die Technik der Ufa. In: Traub: Die Ufa, S. 189, 193)

Trotz Zerstörungen während des Krieges geht die Produktion in Ufastadt-Babelsberg, wie es jetzt heißt praktisch bis zum letzten Tage weiter. Erst die als die sowjetischen Soldaten Ende April auf dem Gelände stehen, wird die Arbeit eingestellt.

In welchem Umfang durch die Sowjets demontiert oder durch die Bevölkerung geplündert wurde - im Notfall ist ein Filmkostüm auch ein Kleidungsstück - ist nicht belegbar. Einem Bericht der Schnittmeisterin Alice Ludwig in der Berliner Zeitung vom 27.7.1946 ist etwas über den Zustand des Geländes im Winter 1945/46 zu entnehmen:

»Durch Kriegseinwirkungen, Plünderungen und unsachgemäße Behandlung war ein wilder Wirrwarr entstanden. Die Bruchstücke von zahllosen alten und neuen, bekannten und noch nicht vorgeführten Spielfilmen ruhten unter Bergen von Dreck und Trümmern, sie hingen sogar in den Bäumen, lagen auf allen Wegen und ringsum auf den Dächern, wohin sie wohl durch den Luftdruck geschleudert wurden.« (zitiert in: Christiane Mückenberger: Zur Geschichte der DEFA bis 1949. In: Filmwissenschaftliche Beiträge, Sonderband 1/81, S. 44-45). Hier findet sich auch die Anmerkung: »Auf dem Territorium lagen zu dieser Zeit ca. 15.000 t Schutt und ca. 300 Tonnen Schrott. 3.600 laufende Meter Umzäunung waren zerstört, sodaß jeder Zugang zum Babelsberger Filmgelände hatte.

Von 372.899 m3 umbauten Raumes waren 345.093 m3 nicht mehr zu benutzen. Lediglich die Gebäude am Eingang Stahnsdorfer Straße waren vom Technischen Büro für Kinematographie wieder instand gesetzt und bezogen worden.«

Auf dem Gelände selbst kann zunächst nicht gearbeitet werden, da nach den Vereinbarungen der Alliierten gemäß alle zum Besitz des ehemaligen Deutschen Reiches gehörenden Unternehmungen - damit auch die Ufa - beschlagnahmt und als Reparationsleistung in Anspruch genommen werden. Die von der SMAD lizensiert DEFA beginnt 1946 ihre Arbeit in den erhaltenen - und nicht zur Ufa gehörenden
Althoff-Ateliers am Nordrand von Babelsberg.

Zuvor werden - wie in anderen brauchbaren Anlagen Berlins (
Jofa) - in der am Rande des Ufa-Gelände gelegenen Gaststätte »Schützenhaus«, die schon von der Ufa benutzt wurde, sowjetische Filme synchronisiert. Unter der Regie von Eugen York werden bearbeitet: LENIN IM OKTOBER (DE: 2.11.1945), LENIN 1918 (DE: 18.1.1946), TSCHAPAJEW (DE: 15.3.1946), Sprecher sind u.a. die Schauspieler Carl Raddatz, Paul Klinger, Max Eckard, O. E. Hasse, Walter Richter, Erich Dunskus. Doch auch dieses Gebäude unterliegt bald der Sequestrierung der Sowjets.

»Der Versuch, in gleicher Weise (wie in Johannisthal) das Ufa-Vermögen in Potsdam-Babelsberg (für die DEFA) zu pachten, scheiterte. Dieses Gelände diente während der Potsdamer Konferenz zur Stationierung britischer und französischer Wachkommandos, da deren Sektoren nicht unmittelbar an Potsdam angrenzten. Nach dem Abzug dieser Kommandos bleibt das gesamte Gelände unter sowjetischer Kontrolle. In den Gebäuden, die bei der Ufa zur Unterbringung der Akademie zur Ausbildung von Filmkünstlern gedient hatten, wurde ein »Technische Büro für Kinematographie« untergebracht, das bestimmte Aufgaben im Auftrag der Sowjetischen Militär-Administration ausführt.« (Albert Wilkening: Geschichte der DEFA von 1945-1950. Potsdam-Babelsberg: DEFA Studio für Spielfilme 1981, S. 62).

Erst 1947 kann auf dem alten Ateliergelände wieder gedreht werden, wenn auch erst noch mit einer Sondergenehmigung.

»Ausgelöst wurde diese Maßnahme dadurch, daß die Ateliers in Johannisthal und das Althoff-Atelier bereits voll ausgelastet waren, als es notwendig wurde, einen Teil der Außenaufnahmen für den Film
1 - 2 - 3 CORONA ins Atelier zu verlegen. Der Film wurde in einem Ruinenkomplex in Berlin-Charlottenburg gedreht. Mit fortschreitender Jahreszeit - es war schon Herbst - gelang es trotz mehrmaliger Sprengung umliegender Häuserruinen nicht, dem Tageslicht den notwendigen Zutritt zum Drehort zu verschaffen. Das damals benutzte Schwarz-Weiß-Negativ-Material lag mit seiner Empfindlichkeit aus Rohstoffgründen meist nur um die 15 DIN-Grade, manchmal sogar darunter. So war die einzige Rettung: Nachbau im Atelier.

Am 11.11.1947 schreibt der Generaldirektor der (sowjetischen Verwaltungsfirma) Linsa AG und Vorstandsmitglied der DEFA Wolkenstein an den zu jener Zeit über die Filmstadt verfügenden Vertreter der UdSSR (...): ,An den Leiter des Technischen Büros des Ministeriums für Kinematografie SSSR, Herrn Weklenko. Kopie an den Produktionsdirektor der DEFA, Herrn Lindemann. Ich bitte Anweisung zu geben, daß die Vertreter der A.G. »DEFA« zu den »Nachwuchs-Ateliers« zwecks Organisation und Durchführung der Aufnahmen zum Film 1.2.3. KRONE [!] Zutritt erhalten. Die Aufnahmen sollen im Dezember dieses oder Anfang Januar nächsten Jahres beginnen.« (Wilkening, Geschichte der DEFA, S. 85-86).

Im Juli wird auf Beschluß der Regierung der UdSSR die bisher von der sowjetischen Aktiengesellschaft Linsa verwaltete Film-Anlagen (Ateliers in Babelsberg und Johannisthal (
Jofa), Kopierwerke in Köpenick und Johannisthal) an die Regierung der DDR als volkseigene Betriebe übergeben. »Da die DEFA zu dieser Zeit formalrechtlich noch den Charakter einer privatrechtlichen Handelsgesellschaft hatte, war ein Zusammenschluß dieser volkseigenen Betriebe mit der DEFA zunächst noch nicht möglich. Sie wurden dem Ministerium für Leichtindustrie unterstellt, jedoch vornehmlich auf Dienstleistungen für die DEFA orientiert.« (Albert Wilkening: Die DEFA in der Etappe 1950 bis 1953. In: Betriebsgeschichte des VEB DEFA Studio für Spielfilme, Teil 2. Potsdam-Babelsberg: BPO der SED im VEB DEFA Studio für Spielfilme 1984, S. 25).

Danach wird das alte Gelände der Ufa für die Filmproduktion des VEB DEFA Studio für Spielfilme genutzt. Die Adresse lautet Potsdam-Babelsberg, August-Bebel-Straße 26-53. Im ursprünglichen Fabrikgebäude von 1898 befindet sich die Kaderleitung, d.h. die Personalverwaltung. Die Betriebsleitung sitzt in den für die Filmakademie gebauten »Nachwuchs-Hallen«, im Neuen Klebehaus, Mitte der 30er Jahre erbaut, werden noch immer die Filme geschnitten und in langgestreckten Flachbauten stapeln sich die Schätze des Fundus. Im Tonkreuz, der Großen Halle (deren Dach nach einem Sturmschaden im Herbst 1986 neu gedeckt werden mußte) wird gedreht. Seit Anfang der 80er Jahre wird das Studio auch zunehmend von Produzenten aus West-Berlin und dem Ausland genutzt.

Nach der Wende 1990 wird die VEB DEFA Studio für Spielfilme in eine DEFA Studio Babelsberg GmbH umgewandelt, die der Treuhandanstalt unterstellt ist. Nach einigem Hin- und Her um die Weiterverwendung von Liegenschaften und Studio - die meisten angestellten Künstler sind entlassen worden - übernimmt 1992 die CIP (Compagnie immobilière Phénix) Deutschland GmbH, eine Tochtergesellschaft des französischen Konzerns Compagnie Générale des Eaux das Studio, um es in ein Medienzentrum umzuwandeln. U.a. siedelt sich auch der neugegründete Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg (ORB) auf dem Gelände an.

Der Regisseur Volker Schlöndorff und der französische Manager Pierre Couveinhes werden Geschäftsführer der neuen Firma, die den Begriff DEFA bald aus ihrem Namen tilgt.

[WIRD DEMNÄCHST AKTUALISERT]

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