... aus dem Geiste der Operette. Materialien zum 10. Internationalen Filmhistorischen Kongreß, Hamburg, 20. - 23. November 1997.
Zusammenfassungen der Vorträge

Musik und Spektakel, Spektakel und Musik: auf den Spuren der Verbindungslinien zwischen Film, Operette und Varieté

Horst Claus (Bristol)


Gut zwei Jahrzehnte lang gehörten Akrobatik, Operette und Film bis zum Ende des ersten Weltkriegs zum Standardangebot vieler Varietébühnen; häufig tauchten sie (besonders in den großen Häusern) in ein und demselben Programm auf. In den 20er Jahren boten dann Kinopaläste der Operette (als Operettenfilm und Filmoperette) und den Varietéartisten eine Heimstatt. Operettentheater wiederum übernahmen (vor allem in den sich entwickelnden Operetten-Revuen) Inszenierungstechniken und Effekte vom Kino und bauten artistische Einlagen ein. Die ersten »lebenden Bilder« im berliner Wintergarten zeigten Artistennummern; Oscar Messter drehte ab 1903 Tonbilder mit populären Operettenstars wie Fritzi Massary, Alexander Girardi und Kabarettkünstlern wie Otto Reutter; kurze Zeit später siedelten Operettenkomponisten wie Walter Kollo und Jean Gilbert ihre musikalischen Werke im Filmmilieu an. Persönliche Auftritte von Filmstars wie Max Linder und Asta Nielsen sorgten in den Varietés für ausverkaufte Häuser.

Die drei populärsten Unterhaltungsformen des ersten Viertels dieses Jahrhunderts haben einander beeinflußt, befruchtet, aber auch bekriegt.

Im Kampf um die Gunst der Massen spielte nicht nur das visuelle Spektakel eine entscheidende Rolle, sondern auch die Musik. Bei den Debatten um die Funktion der Musik im (stummen) Kino und im Varieté tauchen die gleichen Argumente auf. Dieser Beitrag versucht, am Beispiel Wiens, die Linien aufzuzeigen, die Kino, Operette und Varieté verbinden und für die Entwicklung des musikalischen Films von Bedeutung gewesen sein könnten.


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